Linden(con). Sie fordern unter anderem einen Ausbau der innerörtlichen Radwege in Linden, das Ausarbeiten eines Klimakonzepts und ein flächendeckendes Tempolimit – Tempo 30 – in ganz Linden. Dafür stiegen am Samstag rund 40 Teilnehmer aufs Rad, um zu demonstrieren.
Zur rollenden Demonstration eingeladen hatte die Klima-Initiative Linden. Sie wurde unterstützt von weiteren Vereinen.
Die Klimaschutzinitiative hatte eine Rundfahrt zu aus ihrer Sicht neuralgischen Punkten vorgesehen. Unter anderem wurden der Kreisel an der Großen-Lindener/Kurt-Schumacher-Straße, aber auch das fehlende Stück des Radwegs zwischen Gießen und Leihgestern in Forst angesteuert. Rund zwei Stunden waren die Demonstranten unterwegs. Begleitet und abgesichert wurde der Demonstrationszug durch die Polizei.
Unter dem Motto „Bewegung statt Stillstand“ setzten sich bei einer Fahrraddemo durch Großen-Linden, Leihgestern und Forst rund 35 Menschen aller Altersgruppen für sichere Radwege und mehr Klimaschutz in der Stadt Linden ein.
Eingeladen hatte die Klimainitiative Linden, unterstützt wurde die Aktion vom NABU Linden, Verkehrswendeinitiativen und Klimaschutzgruppen.
Vom Parkplatz des Rewe-Markts führte die Route Richtung Leihgestern. An verschiedenen Gefahrstellen wurde aufgezeigt, dass in der Stadt Linden noch viel zu tun ist, um Radfahrenden, insbesondere Schulkindern, eine sichere Fortbewegung zu ermöglichen. Denn noch enden z. B. Fahrradwege vor Kreuzungen oder sind vom Autoverkehr nicht klar abgegrenzt. Außerdem wird parkenden Kraftfahrzeugen zu viel Platz zur Verfügung gestellt, der den Menschen als Ort für Begegnungen fehlt.
Auf dem Parkplatz der Wiesengrundschule wurde dies besonders deutlich. Nur eine enge Zufahrt muss von allen VerkehrsteilnehmerInnen genutzt werden. Die eigentlich vorgesehenen Baumpflanzungen wurden noch nicht umgesetzt. Außerdem wurde beklagt, dass die Stadt Linden Fördermittel für Klimaschutzmaßnahmen nicht beantrage.
Am Einkaufscenter in Forst ist ebenfalls alles auf den KFZ-Verkehr zugeschnitten, so dass selbst kürzeste Wege mit dem Auto zurückgelegt werden.
Über die Jägerschneise ging es zurück nach Großen-Linden. In der Sudetenstraße ist es nicht nur gefährlich für Radfahrende, auch ein Grüngürtel steht durch ein geplantes Bauprojekt auf der Kippe (nähere Informationen auf der Homepage der Klimainitiative).
An der Ecke Bahnhofstraße/Moltkestraße wurde aufgezeigt, wie groß der Platzbedarf für sicheres Radfahren ist. Radfahrende sind von beiden Seiten durch sich plötzlich öffnende Türen parkender Autos und überholende Kraftfahrzeuge gleichermaßen gefährdet.
Die Raddemo endete am Ausgangspunkt. Passanten und Teilnehmende hatten die Möglichkeit, sich mit ihrer Unterschrift für ein fahrrad- und fußgängerfreundliches Linden einzusetzen. Denn nur so werden Anreize gesetzt, das Auto stehen zu lassen und eine klimafreundliche Fortbegungsart zu wählen.
Der Dank der Teilnehmenden ging an die unterstützende und absichernde Polizei und an die auf die kurzen Sperrungen entspannt reagierenden Autofahrenden.
Nächste Termine:
29.08.2020 Verkehrswendefest Moltkestraße Linden
18.09.2020 Parkingday – Parkflächen in Linden für den Menschen zurückerobern
26.09.2020 Tag der Regionen Gießen, Berliner Platz
Die Initiatoren der zahlreichen Aktionen zu Klima und Verkehrswende an den vergangenen drei Tagen in Gießen ziehen ein positives Fazit der Veranstaltung des Bündnisses „Gießen 2035Null“. Von Rüdiger Schäfer
GIESSEN Steter Tropfen höhlt den Stein. Umgemünzt auf die Aktionstage zu Verkehrswende und Klima von Freitag bis Sonntag bedeutet dies nach Ansicht der Initiatoren: „Dieses Ziel lässt sich nur durch permanenten, nicht nachlassenden Druck auf die politisch Verantwortlichen erreichen.“ Deren Vertreter wurden am Samstag auf den Prüfstein gestellt. Fast der gesamte Bereich vom Berliner Platz bis zur Licher Gabel war für die Aktion von Autos freigeschaufelt worden. An die zehn Autofahrer hatten anscheinend das absolute Halteverbot im Bereich des Hotels am Ludwigsplatz übersehen oder ignoriert. Ihre Mobilitätsvehikel wurden infolgedessen von Abschleppwagen wegtransportiert. Nur stadteinwärts blieb den Stahlrossen eine Spur; zudem die Parkreihe auf dem daneben liegenden Bürgersteig. Ein Vertreter der Versammlungsbehörde bestätigte dieser Zeitung, dass durch die Sperrung dieses Areals kein wesentlicher Stau auf der einzigen Stadteinwärts-Spur entstanden sei. Stadtauswärts wurde der Verkehr über die Ostanlage umgeleitet.
Politiker „im Verhör“
Zahlreiche Verkehrsinitiativen und Umweltaktivisten hatten in dem Straßenabschnitt ihre Informationsstände aufgebaut. Auf der Bühne vor dem Hotel spielten mehrere Bands und bezogen drei Vertreter der Parteien Grüne, SPD und Linke – die anderen Fraktionen im Stadtparlament hatten niemanden entsandt – Stellung zu vier speziellen Fragen von verschiedenen Gruppen der Lokalen Agenda 21.
Eine Fahrraddemo-Sternfahrt, gestartet in Wetzlar, Linden, aus dem Lumdatal und in Großen-Buseck mit insgesamt mehr als 200 Teilnehmern hatte um die Mittagszeit am Ludwigsplatz ihr Ziel erreicht. Nach dem ersten Part der Veranstaltung – dem „Verhör“ der drei Fraktionsvertreter des Stadtparlaments – startete eine Fahrraddemo rund um den Anlagenring, bei der an die 300 Zweiräder gezählt wurden. Den Abschluss bildete ein Kurzvortrag von Walter Bien zu einer Wiedereinführung einer Straßenbahn in Gießen; und das nicht nur in der Grünberger Straße.
Nahezu überfüllt mit Eltern und ihren Kindern präsentierte sich dann am Sonntag der Kirchenplatz. Kinderkleider-Tauschbörse, Bobbycar-Parcours, bunte Stände und Aktionen, eine Mahnwache, jede Menge Infos und ein Kinderlieder-Konzert mit Fredrik Vahle waren hier angesagt.
Der Wettergott war den Klimaaktionstagen am Wochenende hold. Kein Tropfen Regen und angenehme Temperaturen begleiteten die Veranstaltungen am Freitag mit der Protestfahrt der FFF-Bewegung (Fridays For Future), den Verkehrswende-Aktionstag am Samstag sowie die sonntäglichen Aktionen unter dem Motto „Prima Klima für Alle!“ auf dem Kirchenplatz. Hinter den Aktionstagen stehen verschiedene, im Klimabündnis „Gießen 2035Null“ vereinte Gruppen. Viel Arbeit im organisatorischen Sinne war geleistet worden; insbesondere bezüglich der Aktionsfläche vom Ludwigsplatz bis zur Einmündung der Gutenbergstraße in die Grünberger Straße. Ob der Aufwand gelohnt hat? „Im Angesicht der Corona-Bedrohung können wir mit dem Zuspruch ganz zufrieden sein. Wichtig ist, dass die Debatte in Gang gehalten wird“, meinte Politaktivist Jörg Bergstedt von der Projektwerkstatt Saasen, einer der Initiatoren. Und auch Lutz Hiestermann vom Bündnis „Gießen 2035Null“ zeigte sich angetan: „Hier sind viele Leute dabei. Und die werden nicht lockerlassen, um unsere Ziele zu erreichen.“ Gemeint sind damit die Klimaziele, manifestiert im vor neun Monaten mit großer Mehrheit beschlossenen Bürgerantrag, Gießen bis 2035 emissionsneutral werden zu lassen. Eingebunden darin ist eine städtische Verkehrswende, die unabdingbar für das Erreichen des Klimazieles sei. Dafür kämpfen die Gruppen des Bündnisses.
Das lautstarke „Tatütata“ eines Rettungswagens erschreckte am Samstagnachmittag die Teilnehmer der Veranstaltungen rund um den Ludwigsplatz. Damit die Retter nicht in der einspurigen Autokolonne stecken blieben, waren flugs viele eifrige Hände spontan zugange, um für ein schnelles Durchkommen über das Aktionsgelände Platz zu schaffen. Laut Gerd Drebes vom städtischen Ordnungsamt lag dem eine organisatorische Panne zugrunde. Denn eigentlich hätte bekannt sein sollen, dass Notfallfahrzeuge nicht den Weg über diesen Straßenbereich während der Teilsperrung nehmen sollten.
Auf der Bühne las Bergstedt beim „Polittalk“ den erschienenen drei Fraktionsvertretern die Forderungen des Klimabündnisses vor. Zur durchgehenden Verringerung der Fahrspuren innerstädtisch auf nur noch eine einzige verlautete Alexander Wrigth von den Grünen „ein eindeutiges Ja“. Als „problematisch“ sieht er, wenn man als Radler in der Einbahnstraße „den Autos entgegenfahren muss“. SPD-Mann Christoph Nübel verwies auf einen 100 000 Euro schweren Haushaltsantrag seiner Partei für einen Verkehrsversuch auf dem Anlagenring, der „an einer Fraktion der Koalition gescheitert“ sei. Auch von ihm gab es ein eindeutiges „Ja“ für nur noch eine einzige Fahrspur in ganz Gießen. Und: „Beim Anlagenring sollte Tempo gemacht werden“, so seine Aufforderung. Stefan Häbich von der Gießener Linke schloss sich dem an: „Die Fahrer, die Gießens Innenstadt nur zum Durchfahren benutzen, sollen gefälligst über den Gießener Ring fahren.“
„Verschleppung“
Weitere Fragen betrafen die Unterstützung von regionalen Waren, eine Begrenzung der städtischen Einwohneranzahl sowie die Installation von Fotovoltaikanlagen auf städtischen Gebäuden. Hier wird der Stadt von verschiedener Seite ein stark bremsendes Verhalten vorgeworfen. Hiestermann ging bezüglich der „Verschleppung“ des Zwischenberichts zum Stande der Bemühungen um die städtische Klimaneutralität in 2035 mit SPD und Grünen ins Gericht. Nübel sprach von „Irritationen“, man halte sich an den Beschluss, mache „schon einiges“ und die Agentur sei „bereits beauftragt“ – und ja, die bisher ausgebliebene Bürgerbeteiligung sei „Corona geschuldet“.
Am Sonntag hieß das Motto „Prima Klima für Alle!“, zum Erhalt der Schöpfung für unsere Kinder und Enkelkinder. Bereits beim Gottesdienst zu Beginn hatten Stadtkirchenpfarrer Klaus Weißgerber sowie Dr. Satu Heiland für die „Parents For Future“ die Schöpfung in den Mittelpunkt ihrer Reden gestellt. Frederik Vahle bot zudem seine CDs gegen Spenden an, um den Erlös der Gießener Klimaschutzbewegung zukommen zu lassen.
Wir fordern die Stadt Linden auf, die Förderung einer autofreien Mobilität und damit zusammenhängend die dafür notwendige Infrastruktur im Sinne eines lebenswerten Lindens voranzutreiben. Die Situation von unmotorisierten Verkehrsteilnehmer*innen jeden Alters sollte bei der Verkehrsplanung sehr viel stärker im Blick sein. Die Straßen gehören allen, nicht allein den Autofahrern. Wir brauchen und wollen ein fahrrad- und fußgängerfreundliches Linden!
Wer uns hierbei unterstützen möchte, kann sich die dazugehörige Unterschriftensammlung direkt hier herunterladen: